Während der Corona-Pandemie hat der Zivilschutz Zimmerberg das See-Spital Horgen
tatkräftig unterstützt. Dieses Jahr absolvieren während 42 Wochen jeweils zwei
Zivilschützer ein einwöchiges Praktikum – um im Ernstfall vorbereitet zu sein.

Text: Nelio Biedermann

Die beiden Zivilschützer Serkan Karagüven und Daniel Mrgan sind nicht die Einzigen, die
sich sichtlich von den Fachkräften sowie den Patientinnen und Patienten unterscheiden: Im
hellen Eingangsbereich des See-Spitals steht eine Gruppe Kindergartenkinder. Wenigstens
äusserlich haben sich diese dem Spitalpersonal jedoch angeglichen, denn sie tragen alle
weisse Kittel. Die beiden Zivilschützer wirken mit ihrer grünorangen Uniform und den
robusten Kampfstiefeln dagegen, als hätten sie sich in der Adresse geirrt. So sehen sie auch
die Kinder, die zu einer Führung im See-Spital sind, mit grossen Augen an. Kaum haben sich
Karagüven und Mrgan aber umgezogen, passen sie so perfekt in die Spitalumgebung, dass sie
auch mal von einem Patienten gefragt werden, wann das Mittagessen gebracht wird und was
es gibt. Auch sie tragen nun eine weisse Hose und ein weisses Poloshirt, sowie ein Badge und
ein Spitaltelefon. Die Kampfstiefel haben sie gegen bequeme Turnschuhe getauscht. Um sie
vom richtigen Personal zu unterscheiden, muss man schon genau schauen: Nur das
Namensschild kennzeichnet sie noch als Angehörige des Zivilschutzes.

Die beiden Zivilschützer Korporal Serkan Karagüven und Soldat Daniel Mrgan stehen vor dem Eingang des See Spitals und warten auf ihren Einsatz

Der Zivilschutz entlastet die Fachkräfte

Die Kantine ist nun, nach dem Frühstück, beinahe leer. Die beigen Innenrollos an der grossen
Fensterfront sind heruntergelassen, dahinter sieht man, wie mit Tusche gezeichnet, den See,
die gegenüberliegenden Hügel und in der Ferne die Berge. Frau Roche, die Mediensprecherin
des See-Spitals, sitzt an einem der runden Tische und erzählt von der Pandemie, in denen sie
dem Zivilschutz für seine Hilfe sehr dankbar waren. Das zusätzliche Personal habe ihnen vor
allem bei der Entlastung der Fachkräfte, denen es zeitaufwendige Nebentätigkeiten
abgenommen habe, helfen können. Deshalb begrüsste das See-Spital die Zusammenarbeit, die
der Zivilschutz Zimmerberg aufgegleist hatte, auch sofort.
«Der enge Kontakt erleichtert die Zusammenarbeit im Ernstfall», erklärt Frau Roche. Am
ersten Tag des einwöchigen Praktikums sei es zwar noch ein Mehraufwand für das
Spitalpersonal, da es die Zivilschützer einführen müsse, anschliessend könnten sie aber davon
profitieren. Denn die Zivilschützer bieten in allen Tätigkeiten rund um die Patientinnen und
Patienten Unterstützung, wodurch die Fachkräfte mehr Zeit für die Tätigkeiten haben, auf die
sie spezialisiert sind.
Auch eine längerfristige Zusammenarbeit kann sich die Mediensprecherin gut vorstellen. «Es
ist wichtig, dass die grossen Player der Region zusammenarbeiten.» Oder gleich mehrwöchige
Einsätze, denn Ende Woche, wenn die Zivilschützer so richtig eingearbeitet seien, müssten sie
schon wieder gehen.

Durch das Labyrinth im Untergeschoss

«Am Anfang war es wie in einem Labyrinth», sagt Mrgan, der durch die verschiedenen
Stockwerke und Abteilungen des weitläufigen und verschachtelten Spitals führt. «Aber man
gewöhnt sich schnell daran.» Tatsächlich kennt er sich nach drei Tagen schon so gut aus, dass
man meinen könnte, er arbeite seit Jahren hier. Er grüsst das Personal auf der
Geburtenabteilung, fragt die Putzkraft im Stock der privatversicherten Patientinnen und

Patienten, ob heute viel los sei, und die beiden Frauen im Labor, ob er ihnen gerade bei etwas
behilflich sein könne.
Auch die Bewegung, mit der er den Badge an den Sensor hält und die verglaste Schiebetür
zum Operationsbereich zur Seite gleiten lässt, wirkt so selbstsicher, als habe er jahrelange
Erfahrung. Im Gegensatz zu den übrigen Abteilungen, deren Gänge ruhig daliegen, ist hier
viel los. Ärztinnen und Ärzte, die blaue Operationskittel und türkise Schutzhauben tragen,
eilen von einem Zimmer zum andern oder schieben Betten durch den Flur. Dies ist auch eine
der Hauptaufgaben der beiden Zivilschützer. Die leeren Betten auf den Abteilungen müssen
mit dem Lift ins Untergeschoss gebracht werden. Während man sich in den Obergeschossen
im Notfall an den Besucherhinweisen orientieren kann, muss man sich hier unten wirklich
auskennen. Jeder Gang gleicht dem anderen, alle sind aus unverkleidetem Beton und mit
grellem Neonlicht ausgeleuchtet. Durch eine Schleuse, die im Notfall toxische Stoffe aus der
Luft filtern kann, und mehrere offenstehende Bunkertüren gelangen wir in eine geschützte
Operationsstelle. Hier stehen die ungebrauchten Betten in Reih und Glied. Mrgan schiebt das
Bett an die Wand, geht an mehreren Räumen mit gestapelten Kartonschachteln und
Gasflaschen vorbei und in ein bestimmtes Zimmer hinein. Hier reisst er von einer grossen
Folienrolle ein Stück ab, mit dem er routiniert das Spitalbett abdeckt.

Blutproben überbringen

Die Blutprobe wird ins Labor gebracht.

Zurück in der Abteilung des 2. Stocks gilt es, die Putzkräfte bei der Reinigung der Zimmer zu
unterstützen. Da Hygiene das oberste Gebot ist, werden dafür blaue Putzhandschuhe
angezogen, die beim Verlassen des Zimmers wieder ausgezogen werden müssen. Für das
nächste Zimmer gibt es neue Handschuhe. Das Bad wird mit einem anderen Bodenwischer
geputzt als der Rest des Zimmers. Zusätzlich müssen die Toilette gereinigt und mit einem
feuchten Lappen alle Flächen abgewischt werden. Obwohl es einiges zu beachten gilt, ist die
Putzkraft zufrieden mit der Arbeit der Zivilschützer. «Können wir die behalten?», fragt sie
lachend.
Da der Spitalalltag geprägt wird durch Unvorhergesehenes, ist auch der Aufgabenplan, den
Karagüven und Mrgan bei sich führen, nicht immer einhaltbar. Statt die Post zu frankieren,
führt Mrgan deshalb einen Botengang aus. Die vakuumverpackte Blutprobe muss aus der
Geburtenabteilung im Hauptgebäude zum Labor im Provisorium gebracht werden. Auch dies
ist mittlerweile nur noch ein Routinegang. Trotz den vielen Geräten, Maschinen, Behältern
und Gefässen weiss Mrgan genau, wo die Probe hingehört.
Bevor sie selbst essen können, helfen sie noch dem Küchenteam dabei, die leeren
Essensbehälter im Buffet auszutauschen, die Getränke aufzufüllen und zu kontrollieren, ob es
noch von allem hat. Die Innenrollos sind mittlerweile hochgelassen, der See liegt ruhig da und
der Dunst, der ihn am Morgen noch verschleierte, hat sich verzogen. Der Andrang auf das
Buffet nimmt ab, die Tische sind nun alle besetzt und der Saal erfüllt von Stimmengeschwirr.
Die beiden Zivilschützer warten noch darauf, dass sich die Geschirrwägen füllen, um sie ins
Untergeschoss zu bringen, dann können auch sie sich kurz ausruhen.